1. 1998
Apr

Ende März 1998

Ende März 1998 ritt mich der Schalk. Folgenden Text hing ich am Sonntag, 29. März 1998 an meine Tür - und schickte ihn, per Fax, ja, so etwas gab es 1998, an meinen Medien-Verteiler. Damals hatte ich weder Homepage, noch Newsletter-Verteiler. Und Mark Zuckerberg war erst 14 Jahre alt:

 

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(Beachten Sie meine damaligen Öffnungszeiten). Innerhalb nur weniger Stunden war das "Vogler" komplett ausreserviert.

Am Veranstaltungs-Tag verschickte ich auf Medien-Anfragen ("Sagen Sie mal, das ist ja Wahnsinn wer da heute alles kommt, aber: Wen erwarten Sie denn noch so heute Abend?!") auch noch folgende "Gäste-Liste". Zum Beispiel an SAT1 (die Namen der Redakteure habe ich unkenntlich gemacht).

 

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Das Fax war noch gar nicht richtig draußen, schon klingelte wieder mein Telephon: "Das ist ja unglaublich. Wir schicken ein Team! So viele Stars! Ich kann mich nicht erinnern, wann Adriano Celentano das letzte Mal in München war ..." - Ich auch nicht.

Der Medien-Rummel war enorm. Alle, aber wirklich alle wollten bei diesem Event "dabei sein". Der Redakteur des ersten Fernseh-Teams kam auf mich zu und meinte: "Woher kennen Sie denn all diese berühmten Leute?!" - "Ich habe früher mal beim Radio gearbeitet." - Er, geknickt: "Das habe ich auch. Aber ich kenne keinen einzigen.".

Aber nicht nur die Medien waren hin und weg: Die ersten Gäste kamen vor der Tür mit offenen Armen auf mich zu, umarmten mich und sagten: "Wir sind Freunde von der Ute, Ute Lemper. Sie meinte, sie hätten doch sicher noch Plätze für uns. Wir haben es leider nicht geschafft, zu reservieren."

Sicherheitshalber hatte ich an dem Abend einen Türsteher.

Aber: Es wurde ja nicht nur ein musikalisches Highlight erwartet, nein, auch ein kulinarisches. Es folgt: Die Speise-Karte. Bitte beachten Sie zum Beispiel "Pommes de Brat" (für Brat-Kartoffeln) oder "erdbeeroise" (für Erdbeeren). Daß das, genauso wie meine "An-Über-Unter"-Texte, nur zum Teil einen Sinn ergibt (und insgesamt nichts, aber auch gar nichts mit "Brechts-Lieblingsgerichten" zu tun hatte), wollte niemandem auffallen:

 

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Es wurde gegessen, als gäbe es kein Morgen mehr. Denn: es war "Witzigmann". Und günstig.

Am "Erwartungs-Höhepunkt" um kurz vor 21.00 Uhr liess ich von meinen Mitarbeitern knapp 100 vorbereitete Campari-Orange verteilen, an denen folgender kleiner Zettel befestigt war:

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Die Reaktionen?! Großartig. Mein an dem Abend aufgestautes Adrenalin ist allerdings immer noch nicht ganz abgebaut. Wenn Sie so eine "Big Stars Night" bei freiem Eintritt ankündigen, müssen Sie die schliesslich bis zum Ende durchziehen. Auch wenn Sie nicht wissen, "geht das gut?!".

Ein Radio-Moderator hatte den Braten gerochen: "Vogler, seien Sie ehrlich, das ist doch ein April-Scherz, oder?!" Er versprach, es niemandem zu sagen und kündigte die Veranstaltung in seiner Sendung daraufhin immer wieder an: "Wenn Sie heute Abend irgendwo hingehen, dann ..."

Der einzige Wermutstropfen: So einen Abend kann man wirklich nur einmal machen. Wirklich?! 1999 versuchte ich mich an einer Fortsetzung. Aber das ist eine andere Geschichte ...

Koch des Abends war, Sie ahnen es, nicht Eckart Witzigmann, sondern: Stephan Jäger, 16 Jahre lang Chefkoch des Hotels "Vier Jahreszeiten" und lange Koch im "Vogler". Er sorgte dafür, daß kein Gast kulinarisch enttäuscht nach Hause ging.

Bis auf einen Gast war das auch keiner: enttäuscht. Der Abend war einfach so hoch aufgehängt, daß man sich eigentlich nur selbst an die Stirn greifen konnte, DARAUF hereingefallen zu sein. Der eine enttäuschte Gast?! War ein Rechtsanwalt. Er sei extra aus Bogenhausen angefahren, um die Künstler zu erleben. Ich hätte deren Persönlichkeits-Recht verletzt. Ich würde von ihm hören. So gerne hätte ich das. Ich warte bis heute ... :-)